Rekord-Vermittlungsquote in einem schwierigen Jahr

JobPerspektive für Migrantinnen und Migranten

Neue Lehrformate, ein anderes Zeitschema, Unterricht unter erschwerten Bedingungen (Maske, Abstand, Lüften), digitale und telefonische Betreuung, Beratung auf Abstand: Welche großen Herausforderungen die Pandemie abverlangen würde, ahnte zum Jahresanfang niemand in der JobPerspektive. Die Maßnahme, die seit Dezember 2016 am Standort Rüsselsheim im Auftrag des Kommunalen Jobcenters Groß-Gerau durchgeführt wird, hatte sich mit ihrem Konzept zur sprachlichen und beruflichen Aktivierung der Teilnehmer*innen bewährt.

Exkursionen am Jahresanfang

Mobilitätstraining, Erweiterung der Erfahrungswelt und Projekte spielten dabei eine wichtige Rolle. Und so waren in den ersten zweieinhalb Monaten des Jahres 2020 eine Besichtigung des Frankfurter Flughafens als größtem Arbeitgeber der Region und die Opel-Werksbesichtigung besondere Angebote im Gruppenprogramm der Maßnahme sowie auch eine Führung im Hessischen Landtag in Wiesbaden. Diese Exkursion war eingebettet in ein Projekt der politischen Bildung und Förderung der Partizipation und des Demokratieverständnisses. Schon vorgemerkt war für das Frühjahr eine Besichtigung des ZDF, ebenfalls Teil eines Projektes zur Mediennutzung.

Lockdown!

Doch dann kam Freitag, der 13. März 2020, mit der Nachricht des Tages: Lockdown ab 16. März!

Nach dem ersten Schock wurden schnell alternative Betreuungsmodelle entwickelt und angewendet. Der Kontakt zu den Teilnehmern*innen wurde durchgehend gehalten. Zunächst telefonisch und dann – wenn immer möglich – digital. Viele Teilnehmer*innen konnten per Email betreut werden. Alle Teilnehmer*innen erhielten per Post Aufgaben zur Bearbeitung, zumeist Deutsch-Übungen, aber auch Informationen zur Corona-Situation, den Regeln und Verhaltensanweisungen. Gut aufgenommen wurde z. B. eine Anleitung zum Nähen von Masken. Ein frankierter Rückumschlag wurde beigelegt, so dass die bearbeiteten Aufgaben zurückgesandt werden konnten. Regelmäßige Telefontermine taten ein Übriges, waren nützlich für die psychische Stabilisierung, Motivationserhaltung, aber auch fürs Sprachtraining.

Die konsequente Begleitung der Teilnehmer*innen in der für alle schwierigen Zeit des Lockdowns zahlte sich aus: Als ab 1. Juni Präsenzunterricht und -beratung wieder möglich waren, kehrten alle in die Maßnahme zurück.

Eine neue Normalität

In der Zwischenzeit hatte das Mitarbeiterteam ein Hygienekonzept für den Standort entwickelt: Im Treppenhaus wurden Laufwege gekennzeichnet, die ehemals 2 großen Gruppen wurden in 6 Kleingruppen unterteilt. Die Unterrichtszeit wurde auf 2x wöchentlich 90 Minuten verkürzt, die Pause gestrichen. Zwischen den Unterrichtseinheiten wird ausgiebig gelüftet, in den Räumen sitzen alle im Abstand von mindestens 1,5 Metern, Maske ist Pflicht. Die Präsenzphase für die einzelnen Teilnehmer*innen ist seither intensiver. Sie sind sprachlich in der Kleingruppe mehr gefordert, „verstecken“ in einer größeren Lerngruppe geht nicht mehr. Gleichzeitig erfordert die Präsenzphase in der neuen Form von den Teilnehmern*innen mehr Konzentration. Das stellt für viele der lernungewohnten Teilnehmer*innen eine zusätzliche Herausforderung und auch Anstrengung dar.

Insgesamt stellten die pädagogischen Mitarbeiter*innen in den Sommermonaten eine relativ hohe Präsenzquote fest. Die meisten Teilnehmer*innen waren erleichtert ein Stück Normalität wieder zu finden und der Woche Struktur zu geben.

Hoch waren Beratungs- und Informationsbedarf sowohl zur persönlichen Situation als auch zur Entwicklung der Pandemie und den gesellschaftlichen Folgen. Als gute Anschaffung bewies sich in diesem Zusammenhang ein großer Flatscreen für den PC-Raum, der es ermöglicht, mit einer Kleingruppe gemeinsam Sendungen zu schauen. Häufiger wurden „Tagesschau“ und „heute“ in den Unterricht eingebaut.

Rekord bei der Vermittlungsquote

Dass sich erschwerte Bedingungen und Erfolg nicht ausschließen müssen, zeigte die zweite Jahreshälfte nach Wiederöffnung des Standortes: Die Vermittlungsquote der Maßnahme erreichte einen Rekord. In Einzelfällen gab es individuelle Intensiv-Betreuung bei den Vorstellungsgesprächen. Mehrere Teilnehmer*innen wurden zu Gesprächen bei Zeitarbeitsfirmen begleitet. Mit drei Teilnehmer*innen radelten die pädagogischen Mitarbeiterinnen zu einem großen Logistiker außerhalb Rüsselsheims. Auch diese Aktion führte zu einer Einstellung – und zu einem neuen „Dienstfahrrad“, das gekauft wurde, um mehr Mobilität für einzelne Teilnehmer*innen zu ermöglichen, z. B. wenn sie Vorstellungstermine wahrnehmen sollen. Die Maßnahme konnte von der Entwicklung des Arbeitsmarktes mit dem gestiegenen Bedarf an Fahrer*innen und Mitarbeiter*innen im Bereich Lager/Logistik profitieren.

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